Nichts, was uns passiert
04.02.2023
Nie wurde als erstes gefragt: Ist er schuldig? Sondern:
Hat sie gelogen?
Roman von Bettina Wilpert
Erstaufführung der Theaterfassung von Lara Fritz und
Philipp Matthias Müller
Es ist Sommer: WM, gutes Wetter, Studipartys in der ganzen Stadt. Anna und Jonas lernen sich über Freunde kennen. Sie sind sich direkt sympathisch. Anna hat gerade ihr Studium beendet und jobbt nebenbei in einer Kneipe. Jonas ist Dozent an der Uni und kurz davor zu promovieren. Sie verabreden sich. Ihr erstes Date läuft gut. Sie gehen spazieren, kaufen Bier beim Späti und sprechen über Literatur. Der Abend endet im Bett. Einvernehmlich. Am nächsten Morgen ist beiden klar, das war eine einmalige Sache. Auf einer Geburtstagsparty sehen sich nach einigen Wochen wieder. Anna betrinkt sich. Sie hat einen Filmriss, kommt erst wieder in Jonas‘ Zimmer zu sich. Jonas will wieder Sex. Anna sagt diesmal Nein – oder glaubt zumindest, Nein gesagt zu haben. Was dann passiert, wird ihr beider Leben nachhaltig verändern. Nach zwei Monaten entscheidet Anna sich dazu, Jonas anzuzeigen. Für sie steht fest: Er hat ihr Selbstbestimmungsrecht missachtet.
Als Jonas von der Anzeige erfährt, versteht er die Welt nicht mehr, schließlich wollte sie es doch auch und außerdem war es nicht das erste Mal, dass die beiden Sex hatten. Er sagt, er habe kein „Nein“ gehört. Er fühlt sich zu Unrecht beschuldigt, gebrandmarkt, stigmatisiert: Der Vorwurf ruiniere sein Leben. Zerren „echte“ Vergewaltiger nicht Frauen ins Gebüsch? Alle sprechen über den Doktoranden, der eine Studentin vergewaltigt haben soll, auch im Freundes- und Bekanntenkreis gerät er unter Druck. Aussage steht gegen Aussage. Nach und nach erfährt ihr gesamtes Umfeld von den Anschuldigungen und fühlt sich dazu verpflichtet, Haltung zu beziehen. Und über allem kreist die Frage: Wie wird sich ihr beider Leben nach diesem Ereignis verändern?
Im Zuge der #MeToo-Debatte und den aktuellen gesellschaftlichen Diskussionen in denen (Macht)-missbrauchte Frauen ihr Schweigen auch in der Öffentlichkeit brechen und Rollenbilder sowie -klischees stärker denn je infrage gestellt werden, ist das Stück ein essenzieller Beitrag. Wir müssen genau hinsehen – auch, wenn die Wahrheit zwei Gesichter hat.
Bettina Wilpert erhielt für Nichts, was uns passiert im Oktober 2018 den Aspekte Literaturpreis und gewann den Lessing- Preis des Freistaates Sachsen.
Pressestimmen
„Michael Gubenko inszeniert ‚Nichts, was uns passiert‘ mit gehörigem Tempo und einer ordentlichen Portion Ausgelassenheit, wie man sich das im angeblich sorglosen Studentenleben zwischen Party, Bibliothek und Späti gemeinhin vorstellt. Er weiß aber genauso präzise die Betroffenheit bei seinem Quartett herauszuarbeiten, das sich mit der Tatsache abfinden muss, dass die Wahrheit nicht ans Licht kommen wird“ (Rainer Nolden bei nachtkritik.de).
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„Neben der stimmigen Bühnenfassung ist es das Verdienst von Regisseur Mihails Gubenko, jeder Seite mit Leidenschaft ihre Berechtigung zu lassen. Beide Positionen bleiben bestehen – unvereinbar zwar, aber auch nicht auflösbar. So sensibilisieren sie das Publikum für eilfertige Täter-Opfer-Geschichten und ihre Verbreitung […] Begeisterung und jubelnder Applaus beim überwiegend jungen Publikum“ (Anne Heucher in Trierischer Volksfreund).
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„Für ihr Trierer Haus haben die Dramaturgin Lara Fritz und ihr Kollege Philipp Matthias Müller eine intelligente Bühnenadaption des Romans erarbeitet […] Gubenko inszeniert mit Tempo, poetischem Talent und sicherem rhythmischen Gespür für den Wechsel von Erzählung und Figurenrede. Verlassen kann er sich dabei auf ein fabelhaftes Schauspielerteam“ (Eva-Maria Reuther bei OPUS Kulturmagazin). Link zur vollständigen Kritik
Besetzung
Anna: Tamara Theisen
Jonas: Lennart Hillmann
Verena: Anna Pircher
Hannes: León Hänig
Aufführungsdauer: 80 Minuten ohne Pause
Fernsehbeitrag
Beitrag in der Sendung SWR Aktuell Rheinland-Pfalz vom 4. Januar 2023 (ab Min. 18:25)
Link zum Video in der Mediathek: SWR Aktuell RLP
Bilder: © Marco Piecuch
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